Der Menschenlaser


In vielen Fantasy-Storys sind Laser die große starke
Waffe, mit denen das Gute das Böse bezwingt.

Der Laser kann uns auch helfen, uns gegen die außer Rand und Band geratenen Geister der Gier zu wehren.

Nein, nicht das Lichtschwert der Jedi-Ritter, nicht der Kristallaser, nicht der Laser aus Hokus-Brimborium.

Wir werden ein Laser aus Menschen.


Wie funktioniert ein Laser?

Nehmen wir einen Kristall, in dem es Atome gibt, die leuchten können.

Wenn Atome durch eine äußere Energie angeregt ("gepumpt") werden, ist das, wie wenn man eine Uhr aufzieht. Die Atome befinden sie sich quasi in einer Art angespanntem Zustand. Irgendwann fallen sie wieder in den Ruhezustande zurück. Das Rumpeln und Zittern, wenn die gespannte Feder sich entspannt, nehmen wir als Licht wahr.

Bis hier haben wir eine gewöhnliche Lampe.
Keines der Atome schert sich um das andere,
das Licht wird ungeordnet und in alle Richtungen ausgestrahlt.

Wenn nun die Pumpenergie, quasi die Anzahl der gespannten Federn, die noch nicht zur Ruhe gekommen sind ("Besetzungsinversion"), groß genug ist, entwickelt sich ein Prozeß der Selbstorganisation:

Das Gerumpel und Gezitter des einen Atoms regt ein anderes an, sich im Takt mit ihm zu entspannen.

Die Lichtblitze werden jetzt gerichtet und stärker, denn sie kommen nicht mehr von einem einzelnen Atom, sondern von einer Gruppe, die quasi kooperiert. Viele der Lichtblitze strahlen noch seitlich aus dem Kristall und verlieren sich wieder in der Unendlichkeit.


Quelle: lasermania.de
Wie wird nun ein Laser draus?

Wir stellen um den Raum, in dem sich die leuchtenden Atome befinden, zwei Spiegel gegenüber auf.

Einige der kleinen Blitze laufen parallel zur Achse zwischen den Spiegeln.
Sie kehren zurück in den Kristall.

Der kleine Blitz lädt eine immer größere Anzahl von angespannten Atomen ein, sich ihm anzuschließen. Einer Lawine gleich schwillt der Strahl zwischen den Spiegel immer stärker an. Alle Atome senden nun ihr Licht im Gleichtakt und in paralleler Richtung aus.

Würde nicht irgendwo eine Begrenzung eintreten, kann diese Lawine den Laser auch zerstören.
Um nun die geballte gerichtete Energie zu nutzen, macht man in einen der Spiegel ein kleines Loch. Daraus kann ein Teil der Lawine als Laserstrahl entweichen, der Rest pendelt weiter zwischen den Spiegeln hin und her, um die Lawine zu erhalten.


Kommen Ihnen vielleicht diese Bilder bekannt vor?
Nicht aus dem Physikunterricht, sondern aus Managementseminaren?
Zufall?
Nein – Senge: „Shared Vision”, S. 234 f.


Übertragen wir nun dieses Bild auf unsere heutige Gesellschaft.

Die Schaffenskraft der Menschen ist die Pumpenergie des Menschenlasers.
Die Feder, die die Spannung hält, ist die gespürte Diskrepanz zwischen dem was wir tun und dem was wir für richtig halten.

Viele Menschen haben sich schon entladen, und den Wahnsinn angeprangert.
Die Blitze der ersten sind kaum wahrgenommen im Dunkel des Universums verglimmt.

Je höher die Pumpspannung, die Diskrepanz zwischen Effektivität und Effizienz anstieg, desto öfter haben sich Gruppen zusammengefunden, um ihre Energie zu bündeln und gemeinsam auszurichteten.

Umweltgruppen, Hilfseinrichtungen, Tierschützer, Religiöse Gruppen…
Doch ohne Spiegel verblaßen auch diese Blitze wieder in der Unendlichkeit.

Aber die Selbstorganisationskraft des Wahnsinns hat sich selber die Spiegel aufgestellt.

„Du mußt Leistung bringen” ist der eine Spiegel, der aus dem Denken kommt.
„Du mußt Gutes tun” ist der andere Spiegel, der aus dem Fühlen kommt.


Sowie ich diese Zeilen schreibe, beginne ich selbst, meinen Lebenslauf zu verstehen. Zwischen diesen Spiegeln schaukelt sich die Lawine der Menschlichen Schaffensenergie auf:

Du mußt! – Leistung bringen – Gutes tun – Leistung bringen – Gutes tun – Leistung bringen – Gutes tun – Leistung bringen – Gutes tun – Leistung bringen – Gutes tun

Die Lawine schaukelt sich auf zur Schizophrenie, zum Wahnsinn, zur manischen Depression.
Wenn nicht einer ein Loch in den Spiegel macht.





 
Nichts ist stärker
als eine Idee,
deren Zeit gekommen ist.

 

Vorgespiegelte Unternehmensethik


Die Priester der Gier sind nicht dumm.
Sie haben das Potential erkannt.

Heute hängt man „Unternehmensleitsätze” an die Wand, in denen vorgeschrieben wird, wie viel Gutes wir doch in unserer Firma tun.

Es ist zunächst nichts dagegen einzwenden, wenn im Rahmen wirtschaftlicher Spielräume die Kraft des Gewissens, die Kraft der Liebe genutzt wird, um etwas zu tun, was ohne diese Kraft nicht wirtschaftlich wäre.

Doch der Nutzen der edlen Motive wird in Wettbewerbsvorteile und steigende Aktienkurse verwandelt. Sie haben das Loch in den Spiegel der Liebe gebohrt.


Wenn aber dieser erweiterte Spielraum wieder nur zugunsten der Gier aufgefressen wird, und das wird er nach den umbarmherzigen Regeln des Marktes über kurz oder lang immer, verkommt die intrinsischen Motivation zur Prostitution. Der Manager, der seine Mitarbeiter oder Lieferanten derart behandelt, wird zum Zuhälter.


Wir müssen das Loch in den Spiegel der Leistung bohren.

Der Ertrag der Liebe gehört den Geliebten.

den „Nächsten”, wie Jesus es sagt.
Er sagt uns auch wer das ist: „Jeder, der Deine Hilfe braucht”.

Sei's um das letzte Quäntchen an Effizienz.

Das klingt einfach, erfordert aber die
Abkehr vom Paradigma des unbeschränkten Wettbewerbs.

Denn vor dem Spiegel der Leistung steht der Löwe, und wacht daß kein Quäntchen ausbricht:




Das Gesetz vom relativen Wettbewerbsvorteil –
das Gesetz des Dschungels, und danach gilt:

Der langsamste wird gefressen, und einer wird immer gefressen.

Darum wird oft genug der gefressen werden, der stehen bleibt, um einem anderen zu helfen.

Um das Loch im Spiegel der Leistung offen zu halten, müssen wir diesen Löwen einfangen.


Und wir müssen das Loch im Spiegel der Liebe verschließen:

Jeder, der die Liebe eines anderen,
seine Bereitschaft, zu helfen,
pervertiert, um sich einen Gewinn daraus zu erwirtschaften,
ist ein Verräter, ein Verbrecher, ein Zuhälter, ein Dieb.

Die Gier ist unersättlich, und das Böse ist in jedem Menschen angelegt wie auch das Gute.
Es gibt eine Grundmaxime, auf der die kulturelle Entwicklung der Menschheit aufbaut,
eine Maxime, die den Übergang vom Dschungel in die Zivilisation markiert:

Die Freiheit des Einzelnen hat seine Grenze in der Freiheit des Anderen.

Diese Regel ist Basis von allem Zusammenleben.
In der kleinen Gruppe nennen wir sie „Anstand”.
Im Staat nennen wir sie Gesetz.
In der Wirtschaft nennen wir sie nicht, denn da haben wir sie vergessen.

Jeder, der die Regeln von Anstand und Gesetz verstößt, muß mit Strafe rechnen,
mit der Wegnahme seines erzielten Vorteils,
mit der Ausgrenzung aus der Gemeinschaft,
mit dem Ausschluß beim Verteilen vom Kuchen des Wohlstandes,
den die Gemeinschaft der Anständigen schafft.

Es geht um nicht weniger und nicht mehr als um Anstand und Gesetz in der Wirtschaft.

Wir brauchen einen verbindlichen Anstandskodex für den Markt,
wenn wir seine Freiheiten weiter erhalten und genießen wollen.

Auf allen Ebenen.
Auch und vor allem global.

Es geht nicht um Sonntagsreden, oder um Sprüche zur Dekoration der Homepage und des Besucherzimmers.
Es hat erst funktioniert, wenn es sich in den Kontoauszügen niederschlägt.
Wenn der Anständige floriert, und der Dieb pleite geht.

Das muß sofort passieren.
Von den Beteiligten einer Gesellschaft selber durchgesetzt werden.
Nicht delegiert an einer außenstehende, überforderte, käufliche Justiz.

Und zwar nachhaltig.
Werbesprüche – „wir sind die Guten” – sind schön, und mögen anfangs auch ehrlich sein.
Aber sie sind kopierbar.
Wie jeder andere Wettbewerbsvorteil werden sie nachgemacht, angegriffen, verwässert, überboten.
Hamsterrad wie überall.

Und wenn die Marktwirtschaft solche Beschränkungen nicht verträgt,
müssen wir den Dschungel bekämpfen, nicht die Zivilisation.

 

Verrat und Prostitution

Ich habe in einem früheren Leben bei einem katholisch geprägten Bildungsträger viele Ausbilder mit eingestellt, die arbeitslose Jugendliche fördern sollten. Wir haben diese Menschen immer wieder auf ihr christliches Grundverständnis abgeklopft, und ihnen den Geist Adpolf Kolpings's eingeimpft.

Mit ihrer ehrlichen, intrinsichen Motivation haben wir mehr aus ihnen herausgeholt, als mit Geld zu motivieren gewesen wäre.

Bis dahin wäre das ja noch in Ordnung.
Wenn die Jugendlichen die Nutznießer dieser extra Motivation geblieben wären.
Doch die Gier war stärker.
Das Gesetz der Gier wurde Gesetz des Staates.

Das Arbeitsamt, das diese Maßnahmen finanziert hat, hat die Maßnahmen ausgeschrieben.
Die Ausschreibung ist der Schraubstock der Gier,
die allen Spielraum aus dem Leben herausquetscht.

Um gegen andere Anbieter bestehen zu können, mußten wir nicht nur gut sein, sondern auch billig.

Also haben wir den Leuten die Gehälter gekürzt,
und mit ihrer intrinsichen Motivation die Qualität unserer Maßnahmen
zum niedrigeren Preis erhalten.

Ich habe begonnen zu spüren: Ist das Verrat?
Heute bin ich sicher: Das ist Verrat an der Liebe.
Verkauf der Liebe ist Prostitution, und wer die Liebe verkauft ist ein Zuhälter.


Wir haben sogar die Gesetze ausgelegt, daß es manchem Juristen den Magen drehen würde. Durchaus mit gutem Gewissen, für das Wohl arbeitsloser Menschen.
Leitende Arbeitsamtsmitarbeiter – selber der christlichen Überzeugung nicht so wohl gesonnen – haben mir mal im bitteren Spaß wissen lassen:
”Sehen Sie, deswegen brauchen wir katholische Bildungsträger wie Euch.
Weil Ihr an eine Gerichtsbarkeit über der dieser Welt glaubt.”
 

Degeneration des Bio-Marktes


Und heute, nach einer weiteren Runde zwischen den Spiegeln der Leistung und der Liebe?
Heute produziere ich als Biobauer Lebensmittel, von den ich überzeugt bin, daß sie gut sind.
Aber der Biomarkt ist ein Geschäft geworden.

Ein freier Markt war der Bio-Markt schon immer.
Aber anfangs galt die Maxime „Leben und Leben lassen”.

Doch zweistellige Wachstumsraten und Millionenumsätze lockten die Geier der Gier ins Paradies.
Aus dem ehrlichen Geschäft ist ein großes Geschäft geworden.

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.
Eine EU-Standardisierung, von der wir hofften, sie hielte die Ratten ab, macht uns heute austausschbar.

Der Biobauer ist wieder Mengenapasser – Grenzkostensklave, wie es dem Bauern zusteht.
(siehe Friß oder Stirb)
Den Spielraum, den die Menschen uns geben wollten, um die Natur zu bewahren und das Gift im Labor zu belassen, haben sich andere unter den Nagel gerissen, die sowieso genug haben.

Der Gemüseeinkäufer bei Lidl wude vor kurzem im Fernsehen zitiert:
„Ich halte nichts von dem Biozeug. Aber die Leute wollen es, also bieten wir es an.”

„Dauerhaft Preise gesenkt” steht bei Aldi an allen Filialen.
Jedes Mal, wenn ich daran vorbei fahre, möchte ich darunter schreiben:
„Dauerhaft Lieferanten versklavt, dauerhaft Lebens-Raum zerstört,
Dauerhaft sich von der Ehrlichen Motivation anderer ernährt.”


Ein Kollge berichtete mir von einem Ausspruch einer denree-Einkäuferin:
„Die Bio-Kartoffelanbauer haben doch alle investiert, die sind doch gut aufgestellt, die können doch jetzt billig produzieren.”

Das ist das Loch im Spiegel der Liebe.

Das ist genau die Prostitution, die sich ein Geschäft draus ersieht, sich zwischen den Bauern – der aus Liebe zur Natur, den Menschen und der Zukunft ewas besonderes produziert – und den Käufer – der aus genau den selben Motiven bereit ist, mehr zu bezahlen – zu stellen, nach den alten Spielregeln des Dschungelmarktes eine monopolistische Schlüsselposition zu besetzen und den Kuchen zu verschlingen, den Andere für Andere gebacken haben.

Erst wenn ein Unternehmen, das so pervers denkt, so spricht, so handelt, ganz selbstverständlich als "unanständig" gebrandmarkt und von den Marktpartnern – Kunden wie Lieferanten – konsequent und existenzvernichtend geschnitten wird, erst dann haben wir eine Chance, daß Markt wieder Freiheit schaffen kann.


Und ich berichtete ihm von meinem Leid mit dem Einkaufsgebaren der Discount-Ketten.

Daneben stand der Backwarenpionier Siegfried Schedel und fragte mich mit großen Augen:
„Ja warum verkaufst' es ihne' denn dann?”.
Wie recht der Mann doch hat.

Warum verkaufe ich Biokartoffeln?
Weil der Löwe hinter mir brüllt.
Er schrie: Mit der kleinen Menge kannst Du nicht überleben!
Größer, mehr! Es ist Hunger danach da!

Und so habe ich investiert und kann nicht zurück ohne daß er mich beißt.
Und jetzt brüllt der Löwe:
Viel zu viel! Billiger, noch größer, noch mehr!



(siehe auch Thesen)